Zusammenfassung
Der zu 90% im Raum Baden-Württemberg liegenden Uhrenindustrie war es in den wirtschaftlich schwierigen Jahren um 1930 ein dringender Wunsch, das Fachgebiet Uhrentechnik und Feinmechanik außer an den Fachschulen auch an einer deutschen Technischen Hochschule vertreten zu wissen, um sowohl einen Nachwuchs technischer Führungskräfte von dort zu erhalten, als auch die bisher meist empirisch gewonnenen Erkenntnisse auf diesem Fachgebiet durch wissenschaftliche Forschung zu untermauern.
Daher regte, Dr. Helmut Junghans, Schramberg, zunächst bei der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaften und bei der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt eine uhrentechnische Forschung an, die damals vor allem von Dr. W. Keil, Dr. E. Rieckmann und Dr. K. Hild durchgeführt wurde. Im Jahre 1940 konnte erreicht werden, daß an der Technischen Hochschule Stuttgart ein Lehrstuhl für Uhrentechnik, Zeitmeßkunde und Feinmechanik geschaffen wurde, auf den Professor Dr. W. Keil im Jahre 1944 berufen wurde.
Die Kriegsjahre und erst recht die Nachkriegsjahre mit allen Nöten an Mitteln, Personal und Räumen waren für dieses Institut eine harte Zeit.
Der wirtschaftliche Aufschwung nach 1950 und die Struktur der deutschen Uhrenindustrie mit ihren vielen mittleren und kleineren Firmen ließen bald die Notwendigkeit nach Erweiterung des Instituts erkennen; den nur so war eine industrielle Gemeinschaftsforschung für die deutsche Uhrenindustrie zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurde 1954, wiederum unter Führung von Dr. Helmut Junghans, die Forschungsgesellschaft für Uhren- und Feingerätetechnik gegründet, deren Zweck die Errichtung und der Betrieb eines Forschungsinstituts ist.
Bei Gründung des Instituts wurde mit dem Landtag sowie mit dem Kultus- und Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg eine enge Verbindung zwischen Universitätsinstitut und Forschungsinstitut vereinbart, die sich durch eine Personalunion in der Leitung, durch einen gemeinsam finanzierten Institutsbau, durch gemeinsame Benützung von Räumen, Geräten und einen engen fachlichen Gedankenaustausch ausdrückt. Unter wesentlicher Unterstützung des Verbandes der Deutschen Uhrenindustrie und der Wirtschaftsministerien von Land und Bund konnte das gemeinsame Gebäude 1959 fertiggestellt werden. Prof. Dr. W. Keil verstand es, mit seinen Assistenten das Institut mit modernen Geräten auszustatten und wichtige Forschungsarbeiten durchzuführen. Seit 1963 stehen beide Institute unter der Leitung von Prof. Dr. phil. Dipl.-Ing. Günther Glaser.
Die enge Verbindung von Universitätsinstitut und Forschungsinstitut hat sich zur gegenseitigen Befruchtung von wissenschaftlicher Forschung und praktischer Anwendung in der Technik als günstig erwiesen.
Dabei obliegt dem Hochschulinstitut unter dem Grundsatz der Freiheit von Lehre und Forschung die Ausbildung eines Nachwuchses und die Grundlagenforschung auf dem weiten und wichtigen Gebiet der Chronometrie, Feinmechanik, Mikrotechnik und Elektromechanik.
Dem Forschungsinstitut obliegt die Durchführung von industrieller Zweckforschung, Gemeinschaftsforschung, Auftragsforschung sowie einer Information und Beratung auf dem Gebiet der Uhrentechnik und Feingerätetechnik.
Die Uhr ist über 5000 Jahre alt und hat seither eine wichtige Aufgabe im menschlichen Leben. Während bis zum Mittelalter die Sonnenuhren zur Zeitmessung verwendet wurden, begann mit Galilei, Huygens, Hooke die Technik der mechanischen Uhren mit Pendel und Unruh. Sie brachte viele Erkenntnisse auf dem Gebiet der Physik, Metallkunde, feinmechanische Technologie. Die Uhrentechnik hat inzwischen gewaltige Wandlungen erfahren, insbesondere durch die Elektronik und Kunststofftechnik. Mit dem Transistor, dem piezoelektrischen Schwingquarz und der Atomuhr brach eine neue Ära der Chronometrie an mit einer gewaltigen Ausdehnung der Aufgaben im technischen und wirtschaftlichen Bereich.
Die Uhr ist nicht nur Symbol der Zeit - simplex sigillum veri - sondern auch Beispiel für eine interdisziplinäre Wissenschaft der Technik und Kunst. Sie zu pflegen und dem technischen Fortschritt zu dienen ist die Aufgabe beider Institute.BibTeX